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Interview mit Hideo Mori

  • Writer: Daniel Weiss
    Daniel Weiss
  • Oct 26
  • 2 min read

Updated: 3 days ago

Hideo Mori
Hideo Mori

Daniel Weiss x Hideo Mori


Über das Hören, das Vergehen

und die Stille zwischen zwei Atemzügen


Das Gespräch findet in einem stillgelegten Onsen statt, tief in den Bergen von Nagano. Dampf steigt aus den Steinbecken, Bambusrahmen lehnen an der Wand, auf dem Tisch liegen Seile, Harze, Werkzeuge. Hideo Mori arbeitet schweigend weiter, als Daniel Weiss den Raum betritt.


DW: Als Sie Ihr Studio in Tokio geschlossen haben, war das ein Paukenschlag. Für viele galt Ihr Name als Synonym für japanisches Design. Warum dieser radikale Schritt?


HM: Ich wollte das Schweigen zurück. In Tokio war alles zu laut – Messen, Marken, Menschen. Nach dem Tsunami begriff ich: Ich kann nicht weiter Dinge entwerfen, die nur schön sind. Schönheit ohne Sinn ist Lärm. Also ging ich. Hier höre ich wieder.


DW: Sie leben nun hier, im Onsen. Alles ist feucht, warm, ruhig. Wie verändert so ein Ort die Art, wie Sie gestalten?


HM: Wasser denkt langsam. Holz auch. Man muss warten, bis sie antworten. Das habe ich früher vergessen. Heute ist mein Entwurf ein Gespräch – mit Luftfeuchtigkeit, mit Zeit. Das Atelier lebt. Ich gestalte mit Dingen, die altern dürfen.


DW: Ihre Naturdrohnen sind weltweit bekannt geworden. Trotzdem wirken sie, als wären sie aus einer anderen Zeit. Woher kam die Idee?


HM: Aus Angst. Ich sah, wie Natur uns warnte – und wir nicht hörten. Ich wollte ein Zeichen schaffen, das sichtbar und hörbar ist, aber ohne Gewalt. So entstanden die Wächter. Jede Drohne reagiert auf etwas anderes: Wasser, Rauch, Erschütterung. Wenn Gefahr droht, steigen sie auf. Kein Strom. Kein Plastik. Nur die Natur selbst, die kurz zu fliegen beginnt.


DW: Die Konstruktion ist unglaublich fein. Bambus, Hanf, Harze, Mineralien, Moose – alles verwebt. Wie funktioniert so etwas?


Einzelteile einer Schneeschmelzdrohne
Einzelteile einer Schneeschmelzdrohne
Prototyp einer Waldfeuerdrohne
Prototyp einer Waldfeuerdrohne

HM: Bambus gibt die Richtung, Harz hält die Spannung, Moos reagiert. Es quillt, wenn Wasser steigt, bewegt kleine Gelenke. Das ist der Auslöser. Dreißig Minuten später kehrt alles zurück. Die Drohnen sinken, zerfallen. Nichts bleibt, außer dem Wissen, dass sie gewacht haben.


DW: In Ihrem Werk geht es oft um Verantwortung. Sehen Sie Design als eine Form von Fürsorge?


HM: Ja. Früher war Design Stolz. Heute ist es Fürsorge. Ich baue keine Produkte mehr. Ich baue Zeichen. Manche sieht man, manche hört man. Die schönsten sind die, die niemand bemerkt – weil sie ihren Zweck erfüllt haben.


DW: Und was bleibt von Hideo Mori?


HM: Vielleicht nur der Gedanke, dass Design vergehen darf. Wenn etwas vergeht, bedeutet das, es war lebendig.


DW: Danke, dass Sie das teilen.


HM: Danke, dass Sie hergefunden haben. Der Weg war steil, nicht wahr?



DWHH – Post Dokumentarische Narrative ist ein künstlerisches Projekt von Daniel Weiss. Alle Texte und Bilder entstehen in Zusammenarbeit mit KI – als Experiment über Kreativität, Wahrnehmung und das Erzählen im digitalen Zeitalter.




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