Interview mit Nikos Salda
- Daniel Weiss

- Oct 25
- 3 min read
Updated: 3 days ago

Das Gerüst Europas – Ein Gespräch mit Nikos Salda
Ich treffe dich an einem heißen Nachmittag in Athen.Über der Akropolis liegt flirrendes Licht, und dein Netz wirft Schatten, die sich über den weißen Stein bewegen – feine Linien, wie gewebt von einer unsichtbaren Hand. Unten stehen Touristen, machen Fotos. Von hier oben sieht man das Meer, und irgendwo dort draußen, am Rand Europas, steht dein gelber Stern.
Wir setzen uns auf eine niedrige Mauer. Zwei Espressi, ein Aufnahmegerät, das Summen der Zikaden.
DW: Du hast früher Gerüste für Clubs gebaut. Kleine Bühnen, kurze Nächte. Jetzt baust du für Kontinente. Wie ist das passiert?
NS: (lacht) Die Materialien sind dieselben: Stahl, Seil, Licht. Ich war nie Künstler im klassischen Sinn. Ich habe gebaut, weil ich etwas tragen wollte – Menschen, Musik, Momente.Als mein Vater starb, wurde mir klar: Er war Diplomat, er hat Brücken gebaut, die niemand sah. Ich wollte Brücken bauen, die sichtbar sind.Demokratie ist für mich auch so ein Bauwerk – etwas, das trägt, aber immer instabil bleibt.


DW: Das Netz über dem Parthenon – es wirkt zart und monumental zugleich. Warum Schwarz?
NS: Weil Schatten nicht Dunkelheit bedeutet.Die meisten wissen gar nicht, dass der Tempel im 17. Jahrhundert zerstört wurde – durch eine Explosion, ein Munitionslager der Osmanen. Seitdem steht er offen, verletzlich.Ich wollte ihn nicht restaurieren, ich wollte ihm Schutz geben. Kein Dach, sondern einen Gedanken. Das Netz berührt keinen Stein. Es ist ein Exoskelett. Eine Erinnerung daran, dass selbst Ruinen Würde haben.
DW: Wenn man darunter steht, wird es plötzlich still. Die Luft, das Licht – alles verändert sich.
NS: Ja. Ich wollte, dass die Menschen spüren, dass Demokratie etwas Körperliches ist. Etwas, das man betreten kann. Schatten sind Teil davon. Sie machen Dinge sichtbar, die im Licht verloren gehen.
Wir gehen ein Stück, das Licht kippt, die Schatten wandern. Du bleibst stehen, zeigst nach Westen, wo die Sonne auf die Ruinen trifft.
DW: Und der 13. Stern? Der gelbe auf der alten NATO-Basis?
NS: Er ist das Gegenstück.Der Stern steht im Meer, sichtbar weit über die Küste hinaus. 90 Meter hoch, aus über hunderttausend Stangen – gefertigt in ganz Europa. Er leuchtet Tag und Nacht.Die zwölf Sterne der EU stehen für Vollkommenheit. Ich habe einen dreizehnten gesetzt, als Bruch. Weil Europa nicht fertig ist. Und ja, er steht auf einer alten NATO-Basis – aus einem Ort des Krieges wurde ein Zeichen des Friedens.
DW: Wenn man es so hört, klingt das fast wie Diplomatie mit anderen Mitteln.
NS: Vielleicht ist es das. Mein Vater hat mit Sprache verhandelt, ich mit Raum. Er wollte Verständigung, ich will Sichtbarkeit. Wir arbeiten mit denselben Werkzeugen – nur in unterschiedlichem Maßstab.
DW: Und KI? Welche Rolle spielt sie in deinem Prozess?
NS: KI ist wie ein zweites Gerüst. Sie trägt, aber sie baut nichts selbst. Ich nutze sie, um Grenzen zu verschieben – im Entwurf, in der Vorstellung, im Denken.Ich arbeite mit ihr, nicht gegen sie. Vielleicht ist das die eigentliche Architektur der Zukunft: Mensch und Maschine, gemeinsam im Entwurf.
Das Licht wird weicher. Über uns bewegt sich das Netz. Es knistert leicht, als würde es atmen.
DW: Was bleibt, wenn alles wieder abgebaut ist?
NS: Der Schatten. Und die Erinnerung, dass er da war.
DWHH – Post Dokumentarische Narrative ist ein künstlerisches Projekt von Daniel Weiss. Alle Texte und Bilder entstehen in Zusammenarbeit mit KI – als Experiment über Kreativität, Wahrnehmung und das Erzählen im digitalen Zeitalter.































Comments