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Blumen der Trauer

  • Autorenbild: Daniel Weiss
    Daniel Weiss
  • 16. Nov.
  • 3 Min. Lesezeit
Adrien Van der Mierde arrangiert einen Erinnerungsstrauß aus recycelten Textilien – jede Blüte gefertigt aus getragenen Stoffen, Nähten und Fasern vergangener Leben. Ein handgearbeitetes Bouquet, das bleibt. IMAGE: AI created by Daniel Weiss
Adrien Van der Mierde arrangiert einen Erinnerungsstrauß aus recycelten Textilien – jede Blüte gefertigt aus getragenen Stoffen, Nähten und Fasern vergangener Leben. Ein handgearbeitetes Bouquet, das bleibt. IMAGE: AI created by Daniel Weiss

Als das Leben plötzlich stoppte


Der Geruch alter Baumwolle verschwindet langsam, wenn man sie lange genug dem Licht überlässt. Adrien Van der Mierde hat das erst verstanden, als er die Hemden seines Mitbewohners wusch, einen Tag nach dessen Beerdigung. Sie lagen in einer Schale aus lauwarmem Wasser, als wäre es eine letzte Geste der Fürsorge, eine, die nichts mehr ändern konnte. Die Wohnung war still. Es war die Art Stille, die bleibt, wenn jemand plötzlich nicht mehr nach Hause kommt.


Adrien hatte damals Mode studiert. Schnitte, Proportionen, Materialforschung – alles war analytisch, präzise, beinahe sportlich trainiert. Doch als er die Sachen seines Freundes in den Händen hielt, wurde aus Stoff etwas anderes. Kein Material. Kein Gegenstand. Sondern eine Verlängerung eines Lebens, das aufgehört hatte. Er konnte sie nicht wegwerfen. Also begann er, zu falten, zu schneiden, ohne Ziel, nur aus dem Bedürfnis, irgendeine Form zu finden, die dem Verlust standhält.


Die erste Blüte aus einem letzten Hemd


Die erste Blume entstand aus dem Ärmel eines geliebten Hemdes: Bordeauxrot, weil der Stoff es zufällig so wollte, die Kanten mit kleinen Stichen gesichert. Nicht schön, nicht fertig – eher ein Versuch, aus etwas Endlichem etwas Haltbares zu bauen. Er stellte sie in eine alte Vase, die sie beide einmal auf einem Flohmarkt gekauft hatten. Zwei Menschen, die lachten, obwohl sie kaum Geld hatten. Die Blume stand da wie ein Rest Wärme.


Ein paar Tage später kam die Mutter seines Freundes in die Wohnung. Sie sah die improvisierte Blüte, berührte sie nicht, aber ihr Blick blieb lange darauf liegen. „So hätte ich ihn gern behalten“, sagte sie, leise genug, dass Adrien nicht sicher war, ob es für ihn bestimmt war. Am nächsten Morgen nähte er ihr eine zweite. Sie holte sie eine Woche später ab – und brachte das Hemd ihres Mannes mit, der Jahre zuvor gestorben war.

So begann es. Nicht mit einer Idee. Sondern mit einem Bedürfnis.





Antwerpen, ein Atelier im Hinterhof


Adrien verließ das Studium, ohne Abmeldung, ohne Drama. Er zog in ein Viertel in Antwerpen, das man nur kennt, wenn man dort jemanden besucht. Eine schmale Straße, Kopfsteinpflaster, Häuser, die alles gesehen haben. Sein Atelier EEUWIGE BLOEM ist klein, kaum größer als eine Garage, nach hinten improvisiert erweitert. Morgens riecht es nach Kaffee. Am Nachmittag nach Staub und warmem Textil. Und abends nach konzentrierter Ruhe.

Familien kommen zu ihm, manchmal mit einer Tasche voller Kleidungsstücke, manchmal mit nur einem einzigen Schal. Adrien fragt nicht viel. Er hört zu, nimmt den Stoff in die Hand, prüft seine Schwere, seine Stelle des häufigen Tragens, die winzigen hellen Stellen, die von Sonnenhitze erzählen. Dann beginnt er. Er macht keine Skizzen. „Der Stoff erzählt genug“, sagt er.


Die Blumen, die daraus entstehen, haben die Form realer Pflanzen – Dahlienspiralen, Callabögen, Anthurien mit ihren glänzenden, fremd wirkenden Oberflächen –, aber sie bleiben immer fühlbar menschengemacht. Ein Saum ist manchmal sichtbar, ein Knopf taucht wie ein Samen im Inneren auf, eine abgestoßene Kante wird zur Ader eines Blattes. Jede dieser Blumen trägt das Leben, das einmal darin steckte.


Die Ewigkeit in einer Vase


Es ist still im Atelier, wenn er arbeitet. Man hört nur die Schere und das Kratzen des Fadens. Manchmal summt der alte Heizkörper, als wolle er sagen: Hier ist Zeit aufgehoben.


Das, was Adrien erschafft, ist kein Produkt. Kein handwerklicher Trick, keine Designidee. Es ist ein Versuch, Trauer in etwas zu überführen, das nicht zerfällt. Etwas, das man anfassen kann, wenn Worte zu wenig oder zu viel sind. Die Menschen nehmen die Sträuße mit, wie man etwas mitnimmt, das einen begleitet, nicht schmückt.


Adrien sagt selten, dass er Künstler ist. Meist sagt er: „Ich arbeite mit dem, was bleibt.“Und vielleicht ist das der ehrlichste Satz über diese stillen, unvergänglichen Blumen.





DWHH.art ist das persönliche Kunstprojekt von Daniel Weiss – eine Zusammenarbeit zwischen Mensch und AI. Alle Geschichten und Bilder sind Fiktionen – erschaffen mit künstlicher Intelligenz, erzählt mit menschlicher Vorstellungskraft. Für alle, die glauben, dass Schönheit denken darf.


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